Hans ist leidenschaftlicher Skatspieler.
Eines Tages versuchte ich, ihn zu überzeugen, dass Bridge die absolute Steigerung von Skat und Doppelkopf sei.
Gerade als ich loslegen wollte, ihm die Feinheiten dieses Spieles zu erklären, da unterbrach er mich.
Er wolle sich lieber selbst ein unvoreingenommenes, unabhängiges Bild machen und schlug vor, mich stattdessen mal auf einen Bridgeabend zu begleiten, mir dabei über die Schulter zu schauen und sich Notizen zu machen. Wenn da etwas dran sei an Bridge dann würde er es schon herausfinden.
Ich war einverstanden, allerdings mit der Bitte, mir seine Eindrücke und Erkenntnisse von diesem Abend schriftlich mitzuteilen.
Mich interessierte nämlich die Frage: wie wirkt dieses Spiel auf einen intelligenten und mathematisch begabten Menschen, wenn er zum ersten Mal mit Bridge in Berührung kommt.
Je näher der Termin rückte, desto mehr kreisten meine Gedanken um Hans.
Würden sich ihm das Spektrum und die Tiefe dieses einzigartigen Kartenspieles im Ansatz erschließen?
Würde es ihm gelingen, allein durch genaues, analytisches Beobachten, sich an unserer brillanten Spielkunst zu erfreuen?
Und vor allem, würde Hans in der Lage sein, meine ausgeklügelte Technik im Alleinspiel zu verstehen und zu bewundern? erstaunt sein über meine taktischen Winkelzüge, die ich nach Jahren der Übung, gekennzeichnet von Rückschlägen und Enttäuschungen, jetzt endlich beherrschte?
Wie beeindruckt würde er also sein, wenn ich mit handwerklichem Geschick, meine Gegner mit Expass, Impass und Kontrabass - mit Anschnitt, Tiefschnitt und Aufschnitt so richtig in die Zange nehme?
Müsste es nicht zwangsläufig bei Hans zu der Erkenntnis führen: Ja, es gibt ein Leben ohne Bridge - aber es ist sinnlos?
Ich war sehr gespannt, würde ich doch bald auf all diese bohrenden Fragen endlich Antworten bekommen von einem noch unverdorbenen Laien.
Drei Tage nach dem Ereignis trudelten seine Aufzeichnungen bei mir ein:
Es ist unglaublich, da kommen erwachsene Menschen, rotten sich in Vierergruppen zusammen, nur um zunächst aus kleinen roten Boxen kleine bunte Kärtchen rauszuholen.
Verhärmte und verbiesterte Gesichter sitzen einander gegenüber, von denen man nicht den Eindruck hat, dass sie sich unterwegs überhaupt grüßen würden. Und jetzt wollen sie sogar zusammen spielen? Es beschleicht mich das ungute Gefühl: das wird nicht gut gehen!
Zunächst erscheint die Welt noch in Ordnung: die kleinen Kärtchen werden mit bedeutungsschwangerer Mine der Reihe nach in kleinen Päckchen bedächtig vor sich auf den Tisch gelegt.
Nach ein-zwei Minuten jedoch wird das ganze langweilig: Die kleinen bunten Kärtchen also wieder zurück in die kleinen roten Kästchen und jeder spielt jetzt mit anderen, etwas größeren Karten weiter. Die Gesichtszüge nach wie vor aufs äußerste angespannt: ein verkrampftes Kartenzuppeln hier, ein aufgeregtes Hüsteln dort. Das hat nichts Lockeres. Verschärfend kommt hinzu: man will im Spiel nicht miteinander reden. Probleme werden nicht offen angesprochen, Teamgeist förderliche Prozesse nicht in Gang gesetzt. Alles wird ignoriert und totgeschwiegen. Und sollte es doch mal jemand wagen, vorsichtig in einen klärenden Dialog eintreten zu wollen, so wird dieser zarte, schüchterne, auf Verständigung und Versöhnung ausgerichtete Versuch sofort mit giftigen Blicken und einem hysterischen: Ruhe bitte! niedergebrüllt und im Keime erstickt. Für dieses Verhalten kann man sogar ein gewisses Verständnis aufbringen, denn in dieser hoch explosiven Stimmungslage wäre schon ein einziges falsches Wort ausreichend, das ganze Fass zum Überlaufen zu bringen.
Wen wundert’s da noch, dass die kleinen zänkischen Gruppen vor dem Spiel einen Betreuer bestimmen, der bei Streitigkeiten schlichten soll. Turnierleiter wird er genannt.
Obwohl mindestens 10 Aufpasser nötig wären, hat man - wohl aus Kostengründen - sich gerade mal zu ein bis zwei „Nothelfern“ durchgerungen. Hier wird eindeutig am falschen Ende gespart.
Nach ca. 15 Minuten passiert dann genau das, was ich schon ahnte: Die Mühselig- und Beladenen haben ein Problem. Plötzlich will man nicht mehr mit denselben Leuten am selben Tisch sitzen. Die Luft ist raus. Es ist schon vorbei, bevor es richtig angefangen hat.
Spätestens jetzt setzt beim Betrachter tief empfundenes Mitleid ein. Diese armen Kreaturen! Diese kleingeistigen Zocker! Können die sich nicht mit etwas anderem beschäftigen? Dinge, von denen sie wirklich etwas verstehen? Lustige Stücke aufführen z B., mit kleinen bunten Murmeln spielen, oder Kartenhäuschen bauen und sie wieder um pusten? Es gibt so viele Möglichkeiten, einfach locker und fröhlich zu sein.
Anstatt jetzt also aus dieser schrecklichen Erfahrung, die richtige Konsequenz zu ziehen, nach Hause zu fahren, sich ins Bett zu legen, seine Wunden zu lecken, passiert folgendes:
Die Leiterin selbst muss sich schweren Herzens eingestehen, dass die Harmonie in den bestehenden Gruppen tatsächlich nicht so toll ist, wie erwartet und will retten was nicht zu retten ist.
In der trügerischen Hoffnung, dass es in neuer Zusammensetzung vielleicht besser klappt, fordert sie die Gruppen zum Wechseln auf, was auch die meisten erleichtert befolgen. Spontan springen alle gleichzeitig hoch wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen und rennen aufgekratzt und wild durcheinander zu einem Tisch, um sich dort neue Karten zu holen - als ob’s dadurch besser wird. Neue Pärchen finden sich in neuen Spielecken ein und hoffen dort auf mehr Spaß. Aber wie das so ist im Leben, auch dieser neue Versuch ist zum Scheitern verurteilt und muss nach weiteren 15 min. kläglich abgebrochen werden.
Jeder halbwegs vernünftige Mensch würde spätestens jetzt raten: Kinder hört auf, das wird nichts mehr, geht nach Hause und schlaft erst mal eine Nacht darüber.
Ist ja auch logisch: Wer schon als Kind nicht gelernt hat, mit anderen zu spielen, von dem kann man doch nicht ernsthaft erwarten, dass er es auf seine alten Tage noch gebacken kriegt. Nur diese Spiel-Banausen haben ihre Lektion immer noch nicht gelernt. Krampfhaft versuchen sie es wieder und wieder in immer neuen Zusammensetzungen herauszufinden, ob nicht doch noch irgendwo mit irgendwem irgendetwas aufflammt, das man im weitesten Sinne als Spielfreude bezeichnen könnte. Man kann ihnen also wahrlich nicht vorwerfen, sie hätten es nicht miteinander versucht. Ich habe an diesem Abend mehr als 17 verzweifelte Anläufe gezählt, es doch noch zum Guten zu wenden.
Irgendwann aber, hat dann auch der Letzte die Schnauze gestrichen voll.
Völlig entnervt packt man die bunten Kärtchen wieder in die roten Kästchen, einige grummelnd und diskutierend dabei, andere völlig apathisch und in sich gekehrt. Anstatt jetzt fluchtartig den Ort der Pannen, Pleiten, Peinlichkeiten zu verlassen, geschieht etwas sehr merkwürdiges. Fast jeder gibt jetzt offen zu, heute wirklich nicht gut gespielt zu haben.
Na endlich: jetzt reden sie wenigstens miteinander. Man spricht Probleme an, stellt Defizite fest und einige zeigen in dieser Phase sogar den Ansatz von Einsicht und Reue.
Aufgeschnappte Wortfetzen lassen das ganze Ausmaß erahnen, welch Seelenqual sie gerade durchgemacht haben müssen, denn wie verzweifelt muss jemand sein wenn er folgendes von sich gibt:
Ach hätte ich doch nur den Schnitt gemacht, der Tiefschnitt hätte mich noch retten können! Meinte er etwa den Gegner damit? wollte er ihn abstechen? Man kann sich angesichts solch abgründiger Gedanken nur mit Grausen abwenden und hoffen, dass es nur spontane, im Affekt gemachte Unmutsäußerungen sind, die in letzter Konsequenz doch nicht umgesetzt werden, nach dem Motto: Hunde die bellen - beißen nicht.
Ganz zum Schluss liest ein Betreuer noch einmal sämtliche Namen vor. Nach einem undurchsichtigen Computer-Verfahren wird mitgeteilt, wer wie viele Anerkennungspunkte bekommt und wer mit dem Begriff: „Ein weiteres Paar“! aufs Tiefste beleidigt wird.
Zum ersten Mal an diesem Abend sieht man so etwas wie den Hauch eines Lächelns auf den Gesichtern der Erfolgreichen. Die anderen gratulieren und beglückwünschen auch artig, sind aber letztendlich tief enttäuscht, nicht selbst ein wenig Glanz abbekommen zu haben.
Dieses allzu menschliche Heischen nach Lob und Anerkennung ist dann auch für mich die einzig plausible Erklärung dafür, dass sich anschließend alle Spieler in eine Liste eintragen, um es am nächsten Dienstag wieder miteinander zu versuchen.
Fazit:
Ich bleibe doch lieber bei Skat.
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Bridge aus der Sicht eines Außenstehenden Etwas zum Schmunzeln
#1
Posted 2010-May-19, 09:38
Wer spielen kann, hat viel zu lachen ...
wer lachen kann, hat schon gewonnen ...
wer lachen kann, hat schon gewonnen ...
#2
Posted 2010-May-19, 10:02
Wenn man im Bridge das "Bock" Gebot einführen würde, dann wäre es ein perfektes Kartenspiel, meiner Meinung nach
Preempts are Aberlour's best bridge friends
#3
Posted 2010-May-20, 06:05
Ich gebe zu- ich habe dich nicht verstanden:
War das ein humoriger Beitrag (der wäre sehr gelungen)- oder war das Realsatire?
Ich finde ja auch, dass viele "Partnerschaften" diese Bezeichnung nicht verdient haben. Aber wer schon jemals irgendeine Mannschaftssportart gespielt hat, der weiß, dass dort öfter Worte fallen, die den Tatbestand der Beleidigung erfüllen. Das ist verkehrt, aber (leider) zutiefst menschlich.
War das ein humoriger Beitrag (der wäre sehr gelungen)- oder war das Realsatire?
Ich finde ja auch, dass viele "Partnerschaften" diese Bezeichnung nicht verdient haben. Aber wer schon jemals irgendeine Mannschaftssportart gespielt hat, der weiß, dass dort öfter Worte fallen, die den Tatbestand der Beleidigung erfüllen. Das ist verkehrt, aber (leider) zutiefst menschlich.
Kind Regards
Roland
Sanity Check: Failure (Fluffy)
More system is not the answer...
Roland
Sanity Check: Failure (Fluffy)
More system is not the answer...
#4
Posted 2010-May-20, 07:50
Einfach ein humoriger Beitrag...ich denke (hoffe) auch nicht, daß so etwas real vorkommt.
Dies muß man sich mit der richtigen Betonung vorlesen lassen, dann kommt er besser rüber.
Dies muß man sich mit der richtigen Betonung vorlesen lassen, dann kommt er besser rüber.
Wer spielen kann, hat viel zu lachen ...
wer lachen kann, hat schon gewonnen ...
wer lachen kann, hat schon gewonnen ...
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